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Jenny

Schrecken und Hoffnung

Aktualisiert: 18. Aug. 2023

Ich weiß gerade nicht so recht, wohin mit mir. Das hier wird kein langer Bericht, sondern nur eine kurze Momentaufnahme meiner Gedanken und Gefühle.



Zwischen Rambutan und Mango

Heute war ein schöner Tag. Schöne Tage bringen manchmal mit sich, dass Menschen ihr Herz öffnen. So kam es, dass ich am frühen Abend eine der schrecklichsten Geschichten zu hören bekam, die mir jemals jemand erzählt hat. Ich habe in Augen geschaut, die dem Tod geweiht waren, für die es - menschlich gesehen - keine Hoffnung mehr gab. Und doch: Hier waren sie, mit mir an ihrem Esstisch, und irgendwo zwischen Rambutan und Mango, als ich mich eigentlich schon auf den Heimweg machen wollte, begannen diese Frauen ganz unverhofft, von der dunkelsten Zeit ihres Lebens zu berichten.


© Joyce Romero

Ich wünschte, ich könnte aufschreiben, was ich gehört habe, einen Geschmack des Schreckens in diese Zeilen legen, und andere mit mir aus dem Schlaf reißen, in den uns unsere sichere Bubble gesungen hat. Aber das geht nicht. Warum? Weil es das Böse gibt. Weil man Menschen, die dem mit knapper Not entkommen sind, und sich selbst nicht gefährden sollte.


Aber ich möchte ein paar Gedanken loswerden, die mir in den letzten Stunden durchs Herz gerauscht sind.



Heute am Blühen, und morgen schon verdorrt

Wir sind so verletzlich. Diese Welt ist verrückt. Nur, weil unser Alltag funktioniert, heißt das nicht, dass wir die Kontrolle haben. Du und ich sind so verwundbar, und unser Leben hier ist endlich und zerbrechlich. Von einem Moment auf den anderen kann sich die Geschichte eines Menschen völlig drehen oder ein abruptes Ende nehmen. Wir leben, als ob wir niemals sterben würden, als würde die Zukunft unserem Plan folgen, und als wär das hier unser ewiges Zuhause. Aber das ist es nicht.


© Wix.com

Eines schönen Tages werde ich meinen letzten Atemzug auf dieser Erde machen. Und du auch. Und wir beide wissen nicht, wann und wo das sein wird. Was werde ich in diesen letzten Minuten wohl denken, was werden meine letzten Worte sein? Ich will so leben, dass ich ehrlich und zufrieden sagen kann: "Ich habe meinen Sinn hier erfüllt. Jetzt kann ich in Frieden nach Hause gehen", und mich in die Arme dessen legen, der mich formte.


Ich mag Erschütterungen wie heute. Es fühlt sich furchtbar an und gleichzeitig irgendwie befreiend, wie eine Ernüchterung, die eine neue Chance in sich trägt. Sich der eigenen Verwundbarkeit bewusst zu werden, hilft einem, zu unterscheiden, worauf man wirklich gebaut hat, und worin die eigene Zuversicht gegründet ist. Wenn ich mich nur deshalb sicher fühle, weil mich der Schrecken dieser Welt noch nicht so unmittelbar erreicht hat und es hoffentlich auch nicht tun wird, weil es eher die anderen triff als mich, mein Land vergleichsweise sicher ist und ich halt noch nie so ein richtiger Katastrophenmagnet war, dann wird eines Tages der Fall tief und der Aufprall hart. Also ein guter Zeitpunkt für eine Inventur. Worauf hat mein Herz gebaut?



Gesichter

Wer sind sie? All die Gesichter. Eine Millionenstadt, in der Millionen von Menschen einander begegnen, ohne einander zu sehen. Wer steckt hinter diesen Augen? Worüber denkt die Frau nach, die sich gerade neben mir in die überfüllte Bahn gequetscht hat? Welche Geschichte hat der Mann zu erzählen, der die etwas unangenehme Situation an der Supermarktkasse mit seiner freundlichen Art aufgelockert hat? Keine Ahnung.


© Wix.com

Diese Frauen von heute - du siehst ihnen nicht an, was ihre Augen gesehen und ihre Ohren gehört, ihre Seelen und Körper durchlebt haben. Wunderschön sind sie, jede mit einem bezaubernden Lächeln und dem Willen, zu leben, wandelnde Wunder - öffentlich sichtbar und doch tief verborgen, vergraben in Millionen Gesichtern.


Gestern fragte mich jemand: "Jenny, do you feel known?" ("Jenny, fühlst du dich gekannt?") Das war eine unerwartete Frage und ein interessantes Gespräch. Will ich gekannt sein? Also so richtig tief, von Herz zu Herz? Wollen Menschen mich wirklich kennen? Will ich andere wirklich kennen? Dieses Maß an Hingabe, Investition und Verwundbarkeit scheint doch ein sehr großes Wagnis zu sein. Aber...ja. Eigentlich ja. Und sicherlich ist auch das eines der Dinge, die mir am Ende immer noch etwas bedeuten werden.



Danke fürs Lesen. Bis bald. :)




© jennysblog.org





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